Donnerstag, 17. Dezember 2009

Schöne neue Welt - die 3D Technik von Avatar

James Cameron wird sich kaum zugute halten können die 3D Technik erfunden zu haben. Wohl aber, sie erstmal im Mainstream und damit kollektivem Kinogedächtnis zu verankern. Abseits aller offensichtlicher Schwächen die der Film "Avatar" (2009) auf der narrativen Ebene mit sich bringt lohnt ein genauer Blick darauf was hier eigentlich wie in 3D umgesetzt wird, welche Effekte funktionieren und - vielleicht interessanter - welche nicht.

Der Anfang von Avatar ist zwar langsam geschnitten und erzählt, fordert dem Zuschauer auf der 3D Ebene jedoch schon einiges ab. Beginnend mit der Macro-Einstellung eines Gesichtes mit extrem knappen Depth of Field (DoF) - also Schärfebereich - übergehend zu einer großen, weit in den Raum reichenden "Schlafkammer" in der Schwerelosigkeit mit sehr weitem DoF (auch weit entfernte Objekte sind scharf) und endend bei zwei winzigen Wassertropfen die über dem Gesicht des Protagonisten die einzige scharfe Ebene definieren - behutsames Herantasten an eine neue Sehgewohnheit sieht anders aus.

So braucht man als Zuschauer auch etwa 20 Minuten bis man die neue Perspektive annimmt. Und in der Tat - wenn man sich dabei ertappt das wenn man zum Vergleich ein Auge zukneift um im alten 2D Film zu landen und so schnell wie möglich wieder das zweite aufreißt um die dritte Perspektive nicht zu verpassen - dann macht die neue Technik etwas richtig.

Was aber auch auffällt sind einige Limitierungen, und hier wird es interessant sein zu verfolgen wie kommende Filme (und derer gibt es viele in 3D) mit diesen Gegebenheiten umgehen werden.

  1. Alles so dunkel hier - durch die Polarisationsfilter entsteht eine Reduzierung der Lichtstärke des Films. Das Bild wirkt signifikant dunkler als ohne Brille. Dies ist insofern problematisch als das die eingesetzten 2K Digitalprojektoren ohnehin keine Riesen der Lichtstärke sind - verglichen mit ihren analogen Vorfahren. Noch problematischer ist der sehbare Entsättigungseffekt - das Bild wirkt etwas angegraut. Auch hier hilft ein schnelles an der Brille vorbeisehen um zu vergleichen wie Farben an Brillanz verlieren. Cameron umgeht Letzeres indem er einfach alles knallbunt einfärbt - dadurch fällt der Verlust kaum auf. Bei normalen, nicht in einer Unterwasser-Bonbon-Farben Welt spielenden Handlung dürfte das Problem prominenter werden.
  2. Ist das 3D gerade aus? - mehr als prominent ist sehbar dass unterschiedliche Kameraeinstellungen sehr unterschiedliche "Sichtbarkeit" der Dreidimensionalität produzieren. In den Macro- oder Innenraumeinstellunen ist er überprominent - vergleichbar mit dem Effekt wenn man ein großes Fernglas aufsetzt: alles wirkt dreidimensionaler da die Augen weiter auseinandergezogen werden. Dies führt zu Ablenkungseffekten und Verfremdung, es wirkt keineswegs "natürlich". Zu fragen ist hier ob Cameron dies bewusst als Stilmittel einsetzt oder ob es keine andere Einstellung gibt. Dem gegenüber sind sehr weitläufige Szenen relativ flach: der Flug über die Baumkronen am Anfang etwa wirkt absolut flächig - wie im echten Leben.
  3. Nein da will ich sitzen! - brutal gesprochen eigenen sich nur ca. 1/4 aller Sitze eines Kinos für einen wirklich eindrucksvollen 3D Effekt. Immersion setzt generell voraus das 30% des Sichtwinkels von der Leinwand eingenommen werden. Es loht also Plätze zu reservieren und sich mittig in das vordere Drittel des Kinos zu setzen.
  4. Was ist hier los? - 3D wirkte auf mich dann ab überzeugendsten wenn es langsam eingesetzt wurde. Wenn sehr viele kleine Partikel chaotisch durch den Raum spritzen - etwa aufgewirbeltes Wasser, berstendes Holz etc. war zumindest mein Hirn nicht mehr in der Lage dies sinnvoll mit Rauminformationen zu verknüpfen.
  5. Wo gibt's was zu sehen - das große Problem der alten IMAX 3D Filme war das man überfordert war wo man eigentlich hinschauen sollte. Alles war scharf, alles so groß, so viel Gewusel. Dieses Problem umgeht Cameron souverän indem er die Tiefenschärfe in vielen Szenen extrem rediziert - fast immer ist nur ein Objekt scharf, auf das orientiert sich das Auge automatisch und die Umgebung wird nur als Zusatzinformation mit Raumtiefe interpretiert. Sehr gut so, fraglich nur warum das 20 Jahre brauchte bis dieses uralte Stilmittel des Films auch auf 3D Anwendung findet.

In der Summe muss man sagen das Avatar als Film komplett belanglos, für die 3D Technik aber der Durchbruch ein wird. Auch wenn man all die obigen Probleme berücksichtig - ich würde diesen Film nicht in 2D schauen wollen. Die Hälfte der Zeit saß ich im Kino und dachte "uh - diese Technik jetzt mal bitte bei GUTEN Filmen!" Star Wars, 2001, Herr der Ringe, Matrix 1 - das wäre ein Fest.

5 Kommentare:

  1. Vor gefühlten Ewigkteiten habe ich mal was von einer Neuveröffentlichung der alten Star Wars-Trilogie in 3D gelesen. Keine Ahnung was noch dran ist, aber wäre echt nett. Aber klar, dass es nicht gerade schnell geht, so einen Film in 3D umzuwandeln, da nicht nur die Tiefeninformationen von Menschen generiert werden müssen, sondern auch die Fehlenden Bildteile nachgepinselt.

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  2. Hallo @Paul, yep das war diese Bande hier: http://www.in-three.com und zwar 2005. VOn denen hat man dann aber auch nicht mehr viel gehört, letztes Gerücht dazu war aus 2008 http://gizmodo.com/5028874/confirmed-all-6-star-wars-movies-to-be-released-in-3d

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  3. Star Wars schön und gut, aber es wird doch hoffentlich noch möglich sein, einen neuen und guten Film in 3D zu machen. Da sich die Technik erst durchsetzen muss und nur alle paar Jahre Filme der Liga Star Wars, Matrix1, 2001 etc. gedreht werden, rechne ich in 5-10 Jahren damit. Der Tonfilm und der Farbfilm kamen auch nicht von heute auf morgen.

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  4. Wow, das Portfolio von diesen in-three-Typen ist ja richtig voll. Ich hoffe mal dass dieser Qualitätsmeerschweinchenfilm und 2 Logos nicht wirklich die einzigen Projekte sind.

    Aber schade, wäre nett gewesen.

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  5. Und, wo ist mein Kommentar von letzter Nacht hin? Hat blogspot das wieder aufgefressen?

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